Abschlusssitzung der dritten Sitzung des 14. Nationalen Volkskongresses (NVK) in der Großen Halle des Volkes in Peking.

KI, Konsum, Konjunktur Chinas Schlachtplan im Handelskonflikt

Stand: 11.03.2025 14:26 Uhr

Der chinesische Volkskongress hat die wirtschaftspolitischen Pläne der Führung abgesegnet. Damit rüstet sich das Land für den Handelskonflikt mit den USA - und die technologische Vorherrschaft.

Mit überragenden Mehrheiten seines Parlaments macht sich China bereit für den Kampf um technologische Vorherrschaft und den Handelskonflikt mit den USA. In Peking ließ sich die Kommunistische Partei zum Ende des Volkskongresses unter tosendem Applaus ihre vorab in engem Kreis beschlossenen Pläne von den rund 2.900 Delegierten bestätigen. Ministerpräsident Li Qiang sprach von Veränderungen wie sie "in einem Jahrhundert nicht zu sehen waren".

Erstmals seit Jahrzehnten wird China damit in einem vom Handelsstreit mit den USA geprägten Jahr sein Haushaltsdefizit auf vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen. Denn trotz aller Unwägbarkeiten setzt sich die Partei für 2025 erneut ein ambitioniertes Wachstumsziel von "rund fünf Prozent". Die Chinesen sollen deshalb wieder mehr kaufen, um die Konjunktur zu stärken. 300 Milliarden Yuan (rund 38 Milliarden Euro) aus Sonderanleihen will Peking in ein Eintauschprogramm stecken, über das Privatleute und Firmen Rabatt auf neue Geräte, Maschinen oder Autos erhalten.

Mehr soziale Unterstützung

Die Partei verspricht außerdem, die Einkommen von Geringverdienern zu steigern. Kleine Zuschüsse zur Krankenversicherung und mehr Kinderbetreuungs- und Altenpflegeangebote sollen Druck von den Familien nehmen. Gegen die hohe Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen sollen für Uni-Absolventen mehr Jobs und darüber hinaus über zwölf Millionen Stellen in den Städten entstehen - wie, lässt die Partei jedoch offen.

Eine grundlegende Reform der Sozialsysteme sei auch dringend nötig, so Jacob Gunter vom China-Thinktank Merics in Berlin: "Aber in China ist die Unterstützung unglaublich begrenzt. Wenn man diese stärken würde, könnte das zu einem Umdenken chinesischer Verbraucher beitragen." Aktuell würden die Chinesen wenig konsumieren, da sie für die Rente und die Gesundheitsversorgung sparen würden.

Stabilisierung des Immobilienmarktes geplant

Auch die vor einigen Jahren ausgebrochene Krise im chinesischen Immobiliensektor, die die Wirtschaft nach wie vor belastet, soll nun gelöst werden. Die Regierung plant, in diesem Jahr zusätzliche Maßnahmen zur Stabilisierung des Marktes zu ergreifen. Laut aktuellem Arbeitsbericht sollen Wohnungsbauprojekte künftig zuverlässig und fristgerecht fertiggestellt werden. Stadtregierungen sollen zudem mehr Spielraum erhalten, um in Schieflage geratene Projekte von Immobilienentwicklern zu übernehmen und fertigzustellen.

In der Volksrepublik haben viele Menschen Wohnungen von ihren Ersparnissen gekauft - häufig auch als Geldanlage. Mit den krisenbedingt sinkenden Immobilienpreisen schwand jedoch das Verbrauchervertrauen, was den Konsum beeinträchtigte.

Unterstützung für Technologie und Modernisierung

Die Pekinger Regierung wird ihren Fokus in diesem Jahr zudem noch stärker auf den heimischen technologischen Fortschritt richten. Laut dem aktuellen Arbeitsbericht sollen Zukunftsindustrien noch intensiver finanziell gefördert werden. Der Bericht verweist etwa auf intelligente E-Autos und smarte Roboter als zentrale Technologien, die Chinas zukünftige Wirtschaftsentwicklung prägen sollen. Man wolle "die umfassende Anwendung von KI-Modellen in großem Maßstab unterstützen", heißt es.

China konnte beim Thema KI zuletzt beachtliche Erfolge vorweisen. So sorgte etwa das chinesische Unternehmen DeepSeek mit einem KI-gestützten Sprachmodell für Aufsehen - einer Entwicklung, die als direkte Konkurrenz zu ähnlichen US-amerikanischen Systemen gilt. Auf diesem Erfolg soll nun aufgebaut werden.

Zweitgrößter Wehretat der Welt

All diese Maßnahmen sollen vor allem die Konjunktur im Land ankurbeln. Denn in einem sich mit den USA ausweitenden Handelskonflikt kann die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt nicht darauf bauen, dass Exporte allein den Wirtschaftsmotor antreiben. Mittlerweile verlangt US-Präsident Donald Trump 20 Prozent Zölle auf chinesische Waren, auch andere Länder schützen sich vor billigen Produkten aus Fernost. "Kein Land sollte sich einbilden, dass es China unterdrücken und parallel gute Beziehungen zu ihm halten kann", warnte Außenminister Wang Yi.

So will die Volksrepublik auch militärische Stärke zeigen. Ihre Rüstungsindustrie entwickelt viel Kriegsgerät selbst, statt es zu importieren, wie aus dem Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri hervorgeht. Umgerechnet 1,78 Billionen Yuan (derzeit mehr als 225 Milliarden Euro) steckt Peking 2025 in seinen Verteidigungshaushalt, ein Zuwachs von 7,2 Prozent.

Ausländische Beobachter gehen davon aus, dass die Ausgaben viel höher sind: "Es gibt Ausgabenbereiche für die Verteidigung, die nicht in diesem Budget enthalten sind oder zumindest nicht transparent als Teil davon ausgewiesen werden", betont Meia Nouwens vom Thinktank "International Institute for Strategic Studies". China beschwichtigt zwar, gemessen am Bruttoinlandsprodukt weniger als der weltweite Durchschnitt für sein Militär auszugeben. Doch der Wehretat der Volksrepublik gilt als zweitgrößter der Welt.

Mit Informationen von Benjamin Eyssel, ARD-Studio Peking.