Studie zu Qualität und Nutzung Deutschland verbraucht zu viel Wasser
Wasserhahn auf, und schon fließt sauberes Trinkwasser - in Deutschland Alltag. Ein neuer Bericht warnt: Verschmutzung und Übernutzung gefährden die Wasservorräte hierzulande und weltweit.
Deutschland gilt weltweit als besonders wasserreiches Land. Und trotzdem sagt Olaf Bandt, Vorsitzender des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND): "Unser Land trocknet aus, und wir schauen zu! Wir verbrauchen in Deutschland aktuell mehr Wasser, als sich natürlich erneuern lässt. Deutschland verliert pro Jahr seit etwa 20 Jahren trotz großer und steigender Niederschläge enorm viel Wasser. Das sind im Mittel 2,5 Milliarden Kubikmeter pro Jahr." Oder anders gesagt: so viel Wasser, wie in 800.000 olympische Schwimmbecken passen würde.
Diese Zahl steht im heute vorgestellten Wasseratlas - einer Sammlung von Artikeln, Daten und Fakten rund um das Thema Wasser. Erstellt haben sie die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung und der BUND.
Viele Gewässer stark verschmutzt
Hinzu kommt: Das Wasser, das bleibt, ist immer häufiger belastet. Das gilt sowohl für Grundwasser als auch für Gewässer. Darin finden sich Mikroplastik oder Rückstände von Chemikalien, Medikamenten und Pestiziden. Mehr als die Hälfte der Seen, Flüsse und Bäche in Deutschland sind in einem schlechten oder sogar sehr schlechten Zustand, sagt der Wasseratlas.
Doch die Autorinnen und Autoren blicken auch über Deutschland hinaus. Schon allein deswegen, weil Wasserverbrauch und Wassernutzung nicht an nationalen Grenzen Halt machen. So verweist Imme Scholz, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, darauf, dass jeder Mensch bei uns direkt und indirekt etwa 7.200 Liter Wasser pro Tag verbraucht, und er ergänzt: "86 Prozent dieser 7.200 Liter werden in Form von Produkten wie Textilien, Technik, verarbeiteten Lebensmitteln oder Agrarprodukten wie Gemüse, Obst oder Reis aus dem Ausland importiert."
Somit trägt unser virtueller Wasserkonsum mit dazu bei, dass andernorts Wasser fehlt: Dass in Spanien der Grundwasserspiegel sinkt. Dass etwa 2,2 Milliarden Menschen weltweit keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Und dass über 120 Konflikte auf der Welt Konflikte um Wasser sind, so schreibt es der Wasseratlas.
Der Klimawandel als Krisenbeschleuniger
Verschärft wird diese Situation noch durch den Klimawandel, sagt Scholz: "Die Klimakrise wirkt dabei wie ein Beschleuniger dieser Wasserkrise. Besonders in ärmeren Regionen führen Überschwemmungen und Dürren zu Ernährungsunsicherheit und zwingen Millionen Menschen zur Migration."
Genau darauf hatte Anfang dieser Woche bereits eine andere Untersuchung hingewiesen, der Global Water Monitor Report, verfasst von einem internationalen Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. 2024, so heißt es darin, haben wasserbedingte Katastrophen über 8.000 Menschenleben gekostet, Millionen Menschen in die Flucht getrieben und Schäden in Milliardenhöhe verursacht. Zu diesen Katastrophen zählen sowohl Dürren als auch Sturzfluten, Hochwasser oder tropische Stürme.
Das macht nochmal deutlich: Der Klimawandel kann sowohl Probleme durch zu viel als auch durch zu wenig Wasser verursachen. Auch in Deutschland, sagt Olaf Bandt vom BUND. So würden die Niederschläge bei uns zwar insgesamt zunehmen, "aber sie verteilen sich nicht gleichmäßig auf Januar bis Dezember. Wir haben einerseits Zeiten von Dürren und andererseits häufig Starkregen. Und diese starken Regenmengen werden zu schnell abgeführt". Zum Beispiel, weil zu viele Flächen versiegelt sind und das Wasser in die Kanalisation abfließt, statt zu versickern. Oder weil entlang der Flüsse Auwälder fehlen, die das Wasser zurückhalten können.
Dürren und Hochwasser - beides wird durch den Klimawandel wahrscheinlicher
Einerseits also mehr, andererseits weniger Wasser - vielen Menschen erscheint diese Folge des Klimawandels als widersprüchlich. Das zeigt auch eine Umfrage, die für den Wasseratlas erhoben wurde. So geht zwar eine große Mehrheit der Befragten davon aus, dass der Klimawandel die Wasserversorgung in Deutschland gefährdet. Anderseits halten gerade mal zwei Prozent der Befragten Wasserkrisen wie Dürren oder Hochwasser für das drängendste Thema in Deutschland.
Genau hier will der Wasseratlas ansetzen und Aufklärung leisten. Doch Bandt vom BUND sagt auch: "Um unser Wasser zu schützen, braucht es mehr als Aufklärung: Verbote von bestimmten Chemikalien zum Beispiel, strenge Grenzwerte, oder Entnahmegebühren für Landwirtschaft und Industrie. Genauso wie einen Umbau der Landwirtschaft oder die Renaturierung von Flüssen, Bächen und Mooren."
Denn nur dann - diese Erkenntnis zieht sich wie ein roter Faden durch den Wasseratlas - bleibt es auch weiterhin selbstverständlich, dass jederzeit sauberes, frisches und ausreichend Nass fließt, wenn wir den Wasserhahn aufdrehen.