Menschen halten Bilder von C.Georgescu in Bukarest, Rumänien hoch.

Nach annullierter Wahl Rumänien streitet über Westbindung

Stand: 08.03.2025 09:55 Uhr

Seit der inzwischen annullierten Präsidentschaftswahl Ende November ist Rumänien in Aufruhr. Es tobt ein Kampf um die Anbindung an den Westen. Im Mittelpunkt, der rechtsextreme und ukraine-kritische Călin Georgescu.

Am vergangenen Wochenende demonstrierten in Bukarest wieder tausende Menschen für Călin Georgescu. Der rechtsextreme Politiker hatte im November überraschend die erste Runde der Präsidentschaftswahl gewonnen.

Doch weil er dabei Finanzquellen verschleiert haben soll und laut Geheimdiensten Unterstützung aus Russland erhielt, erklärte das rumänische Verfassungsgericht Anfang Dezember die Wahl für ungültig.

Razzien und Festnahmen

Die Vorwürfe scheinen Georgescu nicht zu schaden, obwohl seither auch bekannt geworden ist, dass sein Umfeld nicht nur Verbindungen nach Russland, sondern scheinbar auch ins kriminelle Milieu pflegt.

Rund 50 Razzien hat die Polizei allein in den vergangenen Tagen in Georgescus Umfeld durchgeführt. Die Ermittler stellten illegale Waffen und rund drei Millionen Euro Bargeld sicher. 16 Personen sitzen in Untersuchungshaft.

Seiner Festnahme entziehen konnte sich der rumänische Söldnerführer Horaţiu Potra. Er war zuletzt dadurch aufgefallen, dass er mit seiner privaten Sicherheitsfirma rumänische Kämpfer in der umkämpften Stadt Goma in Ost-Kongo stationiert hatte.

Rumänischen Medien zufolge hält Potra sich nun in Dubai auf. Seine Sicherheitsfirma stellt die Bodyguards für Georgescu. In Interviews, die Potra aus dem Ausland mit rumänischen Medien führt, gibt er offen zu, illegal Waffen besessen zu haben.

Auch gegen Georgescu selbst wird ermittelt, es läuft ein Strafverfahren in sechs Punkten gegen ihn, unter anderem wegen des Verdachts der Anstiftung zu Handlungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Kurzum wird ihm also die Planung eines Staatsstreichs vorgeworfen.

Einmischung aus den USA

Dennoch bekommt Georgescu prominente Unterstützung, nicht nur im Inland. Auch US-Vizepräsident JD Vance stellte die Wahlannullierung auf der Münchener Sicherheitskonferenz so dar, als wäre sie eine von der EU orchestrierte Unterdrückung der Meinungsfreiheit.

Die Wahl sei basierend auf fadenscheinigen Verdächtigungen annulliert worden - und auf Druck der europäischen Nachbarn, lautete Vances These. Auch Georgescu behauptet, Rumänien sei ein "Sklave" Brüssels.

Musk schreibt von Tyrannei

Unterstützung erfährt Georgescu auch von Elon Musk, der sich in diversen Posts auf seiner Plattform X gegen die Annullierung der Wahl ausgesprochen hat. Den Vorsitzenden Richter des Verfassungsgerichts, das die Wahl annulliert hatte, nannte Musk in einem Post einen "Tyrannen".

Das Umfeld von Donald Trump scheint hier an einem Strang zu ziehen mit Russland. Der russische Auslandsgeheimdienst SWR veröffentlichte in dieser Woche ein Statement, in dem Georgescu indirekt unterstützt wird. Der SWR behauptete - ähnlich wie Vance - dass vor allem die EU-Kommission hinter der Entscheidung stehe, Ermittlungen gegen Georgescu aufzunehmen und die Ergebnisse der ersten Runde der Präsidentschaftwahlen zu annullieren

Die EU sei besorgt, heißt es in der Erklärung weiter, dass Trump die "europäische globalistische Orientierung" schwächen könne und dabei mit "national-orientierten konservativen Führern" wie Ungarns Viktor Orban, Robert Fico aus der Slowakei und Georgescu zusammenarbeite. Beweise für die Behauptungen legte auch der SWR nicht vor.

Rumänische Regierung wehrt sich

Rumäniens Regierung weist die Vorwürfe von sich und erklärte am Mittwoch zwei russische Diplomaten zu unerwünschten Personen. Sie wurden des Landes verwiesen. Am Donnerstag wurden sechs weitere Menschen unter dem Vorwurf des Landesverrats festgenommen.

Medienberichten zufolge hatten sie Verbindungen zu den beiden russischen Diplomaten. Sie sollen einen Staatsstreich geplant haben und mit Agenten "einer ausländischen Macht" verhandelt haben, um Rumänien aus der NATO herauszulösen.

Die fragwürdigen Umstände von Georgescus Wahlsieg in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl sind jedenfalls nicht mehr der einzige Hinweis darauf, dass in Rumänien pro-russische Kräfte am Werk sein könnten.

Calin Georgescu

Ob Călin Georgescu bei der Wahlwiederholung als Kandidat ausgeschlossen wird, steht noch nicht fest.

Wiederholung der Wahl im Mai

Vor diesem Hintergrund ist fraglich, ob Georgescu erneut zur Wahl zugelassen wird, die Anfang Mai wiederholt wird. Darüber muss das Verfassungsgericht entscheiden. In den Parteien des Landes gehen die Meinungen darüber auseinander, ob Georgescu zugelassen werden sollte oder nicht.

Es gibt durchaus Stimmen im demokratischen Spektrum, die sich dafür aussprechen, Georgescu bei einer Wahl zu schlagen, statt ihn auszuschließen.

Es wäre jedenfalls nicht das erste Mal, dass das rumänische Verfassungsgericht jemanden von der Kandidatenliste streichen lässt. Im vergangenen Jahr schuf es einen Präzedenzfall. Damals hatte das rumänische Verfassungsgericht die rechtsextreme Politikerin Diana Şoşoaca von der Wahl ausgeschlossen. Als Begründung gab das Gericht an, ihre politischen Erklärungen seien mit den Werten der Demokratie nicht vereinbar.

Keine Rücknahme der Annulierung

Das könnte allemal für Georgescu gelten. Die Entscheidung darüber fällt noch im März. Seine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hat Georgescu am Donnerstag jedenfalls verloren.

Er hatte gefordert, dass der rumänische Staat verpflichtet wird, die Stichwahl mit ihm und der im November zweitplatzierten Elena Lasconi (USR) zu organisieren. Kandidieren will er dennoch. Am Freitag reichte er seine Unterlagen bei der Wahlkommission in Bukarest ein.

Silke Hahne, ARD Wien, tagesschau, 07.03.2025 14:46 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 06. März 2025 um 09:25 Uhr.