Tödlicher Messerangriff Southport-Mörder muss mehr als 50 Jahre in Haft
Der Mann, der im Sommer drei Mädchen während eines Tanzkurses zur Musik von Taylor Swift tötete, muss mehr als 50 Jahre in Haft. Am entscheidenden Gerichtstag kamen beklemmende Details ans Licht.
Im Prozess um den tödlichen Messerangriff in Southport in England ist der Angeklagte zu mindestens 52 Jahren Haft verurteilt worden. Der 18-Jährige habe versucht, einen Massenmord an jungen Mädchen zu begehen, sagte Richter Julian Goose in seiner Urteilsbegründung. Bei der Tat nahe Liverpool Ende Juli wurden drei Mädchen im Alter von sechs, sieben und neun Jahren erstochen, acht weitere Kinder und zwei Erwachsene erlitten Verletzungen.
Täter zum Tatzeitpunkt noch minderjährig
Verhängt wurde eine lebenslange Freiheitsstrafe mit Aussicht auf Entlassung nach mehr als 51 Jahren. Lebenslänglich ohne Aussicht auf Entlassung könne er nicht verhängen, weil der Angeklagte zur Tatzeit noch minderjährig gewesen sei, sagte Richter Goose in Liverpool. Aber der Jugendliche werde mehr als 51 Jahre verbüßen, bevor er für eine Entlassung auf Bewährung in Frage komme. Wahrscheinlich werde er nie wieder freikommen.
Am ersten Verhandlungstag hatte sich der mutmaßliche Täter überraschend des dreifachen Mordes und versuchten Mordes in zehn Fällen schuldig bekannt.
"Extrem und schockierend"
Der Bericht der Staatsanwaltschaft und Aufnahmen von Überwachungskameras offenbarten, mit welcher Brutalität der 18 Jahre alte Angeklagte im vergangenen Sommer mit einem Messer bewaffnet einen Taylor-Swift-Tanzkurs für Kinder gestürmt hatte. "Es war ein extremes, schockierendes und außergewöhnlich schweres Verbrechen", so Richter Goose. Die Tat habe in der ganzen Nation "Schock und Abscheu" ausgelöst.
Der Täter hatte Dutzende Male auf seine jungen Opfer eingestochen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft erklärte er in Untersuchungshaft: "Ich bin froh, dass sie tot sind."
Der Gerichtstermin mit der Verkündung des Strafmaßes wurde für die anwesenden Familienmitglieder zur Qual. Der Angeklagte störte den Ablauf wiederholt mit Zwischenrufen, rief, er sei krank und müsse mit Sanitätern sprechen. Richter Goose schritt zweimal ein und ließ ihn jeweils in einen Nebenraum bringen.
"Sein einziges Ziel war es zu töten"
Im Verlauf des Tages waren beklemmende Aussagen der Überlebenden zu hören. "Er hatte es auf uns abgesehen, weil wir Frauen und Mädchen waren, verletzlich und leichte Beute", sagte eine Frau, die den Kurs geleitet hatte. Verlesen wurden auch Stellungnahmen der Eltern der getöteten Mädchen. Der Täter sei grausam und "das pure Böse". Es sei die Tat eines Feiglings gewesen.
Die getöteten Kinder hätten Verletzungen erlitten, die nur schwer anders als mit Sadismus zu erklären seien, sagte Staatsanwältin Deanna Heer. Der Täter habe denen, die versuchten, zu fliehen, in den Rücken gestochen. "Sein einziges Ziel war es, zu töten, und er hatte es auf die Jüngsten und Schwächsten abgesehen."
Falschinformationen und rechtsradikale Proteste
Die Tat des damals 17-Jährigen hatte in Großbritannien große Bestürzung ausgelöst. Getrieben von Falschinformationen kam es in der Folge zudem zu rechtsradikalen und antimuslimischen Ausschreitungen. In den Sozialen Medien war fälschlicherweise behauptet worden, der Täter sei ein muslimischer Migrant. Der Täter wurde als Sohn von Ruandern in Großbritannien geboren und ist britischer Staatsbürger.
Seit dem Schuldeingeständnis wird verstärkt über die Hintergründe und die Vergangenheit des Täters diskutiert. In seiner Jugend war er den Behörden mehrfach auch wegen seiner Neigung zu Gewalt aufgefallen, unternommen wurde nichts.
Wirre Motivlage macht Einordnung schwer
Premierminister Keir Starmer hatte am Tag nach dem Geständnis in einer Rede zur Nation gesprochen und den Täter in die Nähe des Terrorismus gerückt. Der heute 18-Jährige hatte zudem ein biologisches Gift hergestellt und war in Besitz eines Handbuchs einer Terrororganisation. Beides war bei einer Durchsuchung der Wohnung gefunden worden, die er mit seinen Eltern teilte.
Der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge wurden zudem Dokumente über Nazi-Deutschland und Autobomben gefunden. "Es gibt keinen Hinweis darauf, dass er einer bestimmten politischen oder religiösen Ideologie anhing", sagte Heer. Der Täter habe sich über andere Gräueltaten informiert, es deute alles darauf hin, dass er diese habe nachstellen wollen. "Er kämpfte nicht für eine Sache", so die Staatsanwältin.
"Eine neue Art der Bedrohung"
Als erste Reaktion auf das Schuldeingeständnis und die vielen offenen Fragen zur Vorgeschichte hatte Innenministerin Yvette Cooper eine öffentliche Untersuchung angekündigt. Diese werden in Großbritannien von der Regierung veranlasst und von unabhängigen Stellen durchgeführt.
Der Regierungschef erklärte, er werde nicht zulassen, dass von einem Behördenversagen abgelenkt werde, "einem Versagen, das in diesem Fall offenkundig auf der Hand liegt". Starmer sprach zudem von einer neuen Art der Bedrohung. Es seien "Einzelgänger, Außenseiter, junge Männer", die verzweifelt nach Ruhm strebten. "Sie sind auf diese extreme Gewalt fixiert, anscheinend um ihrer selbst willen", sagte der Premier.