Bundestagswahl 2025
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Kanzlerkandidaten in der ARD-Wahlarena Viele konkrete Fragen - viele schwammige Antworten
Keine Floskeln, ehrliche Antworten - das forderten die Bürgerinnen und Bürger von den Kanzlerkandidaten der SPD, Union, AfD und den Grünen. Welche Kandidaten womit überzeugen konnten - und womit nicht.
Etwas aufgeregt stehen die Bürgerinnen und Bürger vor dem Set der Wahlarena und warten darauf, dass die Spitzenpolitiker nun endlich kommen. Sie kommen aus Bochum, aus Hamburg, aus dem Erzgebirge, aus Berlin und sagen, sie wollen nun endlich die Politiker fragen, was sie interessiert. Im Wahlkampf, so sind sie sich einig, seien bisher nicht die Themen vorgekommen, die sie betreffen. Bisher würde die Migrationsdebatte den Wahlkampf überschatten. Es sind unter anderem die Unentschlossenen, die hier endlich Antworten erwarten.
"Machen Sie sich ehrlich, Herr Merz!"
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz muss deshalb sofort erklären, welche Zumutung die Deutschen in Zukunft zu erwarten haben. "Machen Sie sich ehrlich", sagt ein Unternehmensberater aus Hamburg. Mit welchem Plan, welche Belastungen, welche Zumutung sei denn nun zu rechnen? Der Wahlkampf sei ihm nicht ehrlich genug - aber bei allen Parteien. Es fehlten konkrete Antworten, wo das Geld herkommen solle. Ein Vorwurf, den Merz mit geübten Sätzen wie "Ärmel hochkrempeln, mehr die Wirtschaft in Schwung bringen" und "mehr Zumutungen für Bürgergeld-Empfänger" kontert. Wo das Geld am Ende herkommen soll in Zukunft, das bleibt wie so oft in Merz' Ausführungen am Ende offen.
Die Frage nach Finanzierung bleibt auch im Raum stehen, wenn es um die Zukunft des Deutschlandtickets geht, ein Anliegen eines Fragenstellers. Ein tolles Projekt, wenn es bezahlbar ist, erklärt Merz. 2025 sei die Finanzierung geklärt, dann müsse man mit den Ländern reden, wie es weitergehe. Konkreter wird es nicht. Am Ende blitzt die Debatte um Migration doch nochmal hoch und Merz wird emotional: "Wir sind uns in dem Punkt nicht einig", schmettert er einer Bürgerin entgegen. Sie spricht eine psychologische Betreuung von Geflüchteten aus zum Beispiel Afghanistan an.
"Ist das gerecht, Herr Scholz?"
Bundeskanzler und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz muss sich hingegen mit der Kernforderung der SPD beschäftigen: eine gerechte Rente. Eigentlich müsste das ein Heimspiel für Scholz sein. Doch Marina Becker aus Bochum trägt wütend ihre Frage vor. 45 Jahre habe sie ins Rentensystem eingezahlt, habe als Altenpflegerin gearbeitet. Aber ihre Rente reicht nun einfach nicht, sie müsse weiter arbeiten. "Ist das gerecht?", fragt sie Scholz mehrfach. Doch Scholz reagiert nüchtern, versucht verständnisvoll zu wirken, spult seine Renten-Garantie-Versprechen ab. Doch überzeugen kann er Marina Becker offensichtlich nicht.
Ebenso nicht einen jungen Mann, der an der Generationengerechtigkeit des Rentensystems verzweifelt, der Scholz politische Floskeln vorwirft und keine Lösung von ihm sieht. Scholz punktet ausgerechnet nicht bei dem Thema, das sich seine Partei auf die Fahne geschrieben hat. Das Rentensystem bleibt eine der Baustellen für die zukünftige Regierung, so viel ist klar.
Auch beim Thema bezahlbarer Wohnraum fehlen Scholz im Gespräch Argumente, warum es in seiner Amtszeit nicht geklappt hat. "Sie hatten Zeit dafür, Herr Scholz, sie hatten Jahre Zeit, warum haben sie es nicht gemacht?" Mit Begriffen wie "Mietendeckel" solle er nicht mehr kommen, sagt eine Frau. Der Ärger über zu teure Mieten scheint im Publikum groß und Scholz verweist wie so oft auf die vielen Herausforderungen der vergangenen Jahre.
"Frau Weidel, es macht Menschen Angst!"
Bei AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel geht es sofort um Migration. "Sie machen Menschen mit ihren Ausdrücken wie Remigration Angst", sagt ein Pfarrer. Das schrecke Fachkräfte ab, nach Deutschland zu kommen. Weidel will den Mann beruhigen, zwischen Asyl und Zuwanderung müsse ein Unterschied gemacht werden. Und sie erklärt, wie der Staat versagt habe, was die AfD anders machen würde.
Doch das Wort "Angst" begegnet ihr auch in der nächsten Frage. Es geht um gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Ein junger homosexueller Mann habe Angst vor dem AfD-Programm, vor dem Leitbild der Partei. Die Frage aller Fragen, nennt es eine andere Bürgerin: Wie passe es zusammen, dass Weidel mit einer Frau zusammenlebe, das Leitbild der AfD aber Vater, Mutter, Kind sei?
Es ist der rosa Elefant im Raum. Weidel erläutert ruhig und wortreich, dass die Familie die Keimzelle in der Gesellschaft sei, aber ihre Lebenspartnerschaft mit einer Frau in der AfD auch kein Problem sei. "Sie glauben, dass Herr Höcke das auch so sieht?", kontert eine Bürgerin. Da muss selbst Weidel lachen. Ich nehme die Frage gerne mit, erwidert Weidel - wissend, dass sie auch in Zukunft darauf angesprochen wird.
"Herr Habeck, soll ich noch andere Tapeten an die Wand machen?"
Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck erntet wie so oft auch im Wahlkampf Kritik beim Thema energieeffizientes Dachsanieren. Es folgt eine Fachdiskussion über Wärmedämmung, Solarpflicht und es zeigt sich, worauf Habeck oft angesprochen wird: die Überforderung vieler Bürgerinnen und Bürgern, wenn es um die Kosten für klimafreundliches Bauen geht. Das Heizungsgesetz und diverse klimafreundliche Bauvorschriften haften an Habeck und er wird immer damit verbunden.
Das Thema Klimaschutz sei generell im Wahlkampf zu kurz gekommen, bedauert Habeck jedoch. Damit hat er etwas gemeinsam mit Friedrich Merz und Olaf Scholz, die das auch in der Debatte erwähnen. Allerdings warnt Habeck vor Merz' Aussagen. "Hinter dem Begriff technologieoffen verbirgt sich der Angriff auf die Klimaziele", sagt Habeck. Es ist am Ende ein Versuch von Habeck, sich als letzter Kandidat in der Frage-Runde von der Konkurrenz abzusetzen.