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Scholz zum Kurs der Union Merz "hat sich verzockt"

Stand: 31.01.2025 23:58 Uhr

Ein historischer Tag, aber kein guter - dieses Fazit hat Kanzler Scholz nach einer turbulenten Migrationsdebatte im Bundestag gezogen. In den tagesthemen kritisierte er CDU-Chef Merz scharf dafür, AfD-Stimmen in Kauf genommen zu haben.

Nach stundenlangen Diskussionen und Verhandlungen über das "Zustrombegrenzungsgesetz" der Union ist der Gesetzentwurf im Bundestag gescheitert. Bundeskanzler Olaf Scholz warf CDU-Chef Friedrich Merz vor, mit der AfD zusammengearbeitet und damit ein Tabu gebrochen zu haben. "Er hat sich verzockt", sagte Scholz im Interview mit den tagesthemen. "Aber viel schlimmer ist es, dass er gezockt hat."

In Bezug auf die tödliche Messerattacke in Aschaffenburg betonte Scholz, dass es in solchen Momenten um Zusammenarbeit unter den demokratischen Parteien gehe. Es sei entscheidend, "das Land zusammenzuhalten und nicht auseinanderzuführen, zu spalten und Unsicherheit zu säen". Doch genau das habe Merz getan.

Dabei, so Scholz, wäre eine Zusammenarbeit möglich gewesen. "Es wäre immer möglich gewesen, dass man sich auf viele Fragen miteinander verständigt." Auch weiterhin bleibe die Hand ausgestreckt, aber so gehe das nicht. Es sei heute "ein wahrscheinlich historischer Tag, aber kein guter."

"Man darf nicht die Europäischen Verträge kaputt machen", Olaf Scholz, SPD/Bundeskanzler, zum Scheitern des Gesetzvorstoßes von Friedrich Merz

tagesthemen, 31.01.2025 22:05 Uhr

Emotionale Debatte im Bundestag

Der Bundestag hatte einen von der AfD vorab unterstützten Gesetzentwurf der Union zur Begrenzung der Migration abgelehnt. Vorausgegangen war eine turbulente und emotional geführte Debatte.

Die Sitzung begann mit drei Stunden Verzögerung, da die FDP zunächst versuchte, den Entwurf in den Innenausschuss zu verweisen, um bis zur letzten Plenarsitzung vor der Bundestagswahl im Februar noch einen Kompromiss auszuhandeln. Doch sowohl dieser Vorstoß als auch ein ähnlicher Antrag von SPD und Grünen kurz vor der Abstimmung scheiterten.

Scholz: Merz von Anfang an nicht verhandlungsbereit

Scholz kritisierte nun, dass Merz sich von Anfang an nicht zu Verhandlungen bereit erklärt habe. Er begrüßte dafür den Vorstoß der FDP, das Gesetz weiter im Innenausschuss zu beraten. Dann hätte man ein paar Tage mehr Zeit gehabt.

Nach den Worten von Scholz hätte man einige Themen gerne gemeinsam mit der Union besprochen - etwa die Gesetze zur Umsetzung des gemeinsamen europäischen Asylsystems, das Bundespolizeigesetz und die Sicherheitsgesetze, die CDU/CSU im Bundestag aufgehalten habe. "Das hätten wir gerne alles gemeinsam miteinander besprochen."

Auf die Frage, ob er Verschärfungen in der Asylpolitik nicht mittragen wolle, antwortete Scholz: "Der einzige Kanzler, der in den letzten 20 Jahren schärfere Regeln in der Asylpolitik durchgesetzt hat, heißt Olaf Scholz." Man habe Grenzkontrollen eingeführt, die Möglichkeiten der Ausländerbehörden verbessert und die irreguläre Migration sei zurückgegangen.

Gescheitertes Gesetz mit drei Kernpunkten

Das sogenannte "Zustrombegrenzungsgesetz" sah drei Kernpunkte vor: Die Begrenzung der Migration sollte wieder explizit im Aufenthaltsgesetz verankert werden, der Familiennachzug für subsidiär Schutzbedürftige wegfallen, und die Bundespolizei die Befugnis erhalten, selbst Haft oder Gewahrsam für Ausreisepflichtige zu beantragen.

Bereits am Mittwoch hatte ein Unionsantrag zur Migration auch mit Stimmen der AfD eine Mehrheit gefunden.