
Trump und Journalisten "Frontalangriff auf unabhängige Medien"
Klagen, Zugangsbeschränkungen, Büroräumungen: Dem Weißen Haus zufolge sollen Trumps Maßnahmen dafür sorgen, dass alle Medien gleichberechtigt zum Zuge kommen. Experten sehen darin einen Angriff auf die Pressefreiheit.
Erste Kabinettssitzung in Donald Trumps zweiter Amtszeit: Der Präsident erteilt das Wort einem Journalisten, der bislang noch nie aus dem Oval Office berichtet hat. Es ist der Kommentator Lawrence Jones, der unter anderem beim Kabelsender Fox News moderiert, aber in diesem Fall offiziell für The Blaze da ist, ein kleines Online-Medium - in ultrarechten Zirkeln beliebt, den meisten Amerikanern kaum bekannt.
Der Vertreter eines Web-Senders, der viel Meinung, aber kaum Fakten liefert, ergattert einen der wenigen Journalisten-Plätze im Zentrum: Nur ein Beispiel für die neuen Zeiten im Weißen Haus. Bislang entschied die unabhängige Journalisten-Organisation White House Correspondents Association (WHCA) selbstständig und nach Rotationsprinzip, wer aus dem sogenannten Pool berichtet.
Diese Reporter sind stellvertretend für alle anderen dabei und geben die Infos weiter, wenn der Platz begrenzt ist, etwa aus dem Oval Office oder aus der Präsidentenmaschine Air Force One. Meist waren das Vertreter der Nachrichtenagenturen, der landesweiten Zeitungen und großen Radio- und TV-Sender. Doch damit ist nun Schluss.
Kein Monopol für "Hauptstadt-Journalisten"
"Eine ausgewählte Gruppe von Hauptstadt-Journalisten sollte nicht länger das Monopol auf das Privileg des Zugangs zum Weißen Haus zu haben", so Trumps Sprecherin Karoline Leavitt. "Alle Journalisten, Medien und Stimmen verdienen eine Platz an diesem begehrten Tisch."
So bekomme letztlich das Volk die Macht zurück, behauptet Leavitt. Aber nicht mal beim Trump-nahen Sender Fox News sind alle davon überzeugt. Dessen Regierungs-Korrespondentin Jaqueline Heinrich erklärte bei X, nicht die Menschen bekämen so mehr Macht. Sondern nur das Weiße Haus.
Hausverbot wegen "Golf von Mexiko"
Zumal Trump die sogenannten "Mainstream-Medien" generell nicht gerade zimperlich behandelt: Den Reportern der Associated Press erteilte er kurzerhand Hausverbot, weil die Nachrichtenagentur sich weigert, den Golf von Mexico wie von Trump gewünscht als Golf von Amerika zu bezeichnen.
Im Verteidigungsministerium wurden Medienunternehmen aus ihren Büros geworfen. Die Arbeitsplätze sollten nun nach einem Rotationsprinzip verteilt werden, damit auch mal andere Medien zum Zuge kommen, hieß es dazu aus dem Pentagon.
Medienexperte Jeff Jarvis hat eine andere Erklärung: "Trump folgt einem totalitären, autoritären und faschistischen Skript. Es ist ein Frontalangriff auf unabhängige Medien."
Klagen wegen Verleumdung gegen Sender
Ein weiteres Beispiel dafür sind für Jarvis Trumps Klagen gegen verschiedene TV-Sender wegen Verleumdung oder Betrug. Statt die Prozesse zu führen, entschied sich beispielsweise ABC Trump 16 Millionen Dollar für die Einstellung des Verfahrens zu bezahlen. Und CBS verhandelt gerade einen Vergleich.
Auch bei der Washington Post hat Trumps zweite Amtszeit schon Spuren hinterlassen: Eigentümer Jeff Bezos will auf den Meinungsseiten künftig nur noch Kommentare lesen, die für persönliche Freiheit und den freien Markt einstehen. Für Jarvis eine lächerliche Ansage. Schließlich seien das die Grundprinzipien in einer Demokratie und im Kapitalismus.
Eine unterschätzte Gefahr?
Tatsächlich gehe es Bezos darum, sich bei Trump einzuschmeicheln. Dem zweitreichsten Mann der Welt gehören auch Amazon und das Raumfahrtunternehmen Blue Origin, das von Regierungsaufträgen abhängig ist. Jarvis, der lange Journalismus unterrichtet und auch schon deutsche Verlage beraten hat, fürchtet, dass Amerikas Journalisten die Gefahr durch die Trump-Regierung nicht ernst genug nehmen.
"Ich wünschte, wir hätten erlebt, wie große legitime Medien einfach aus dem Presseraum rausgehen. Weil wir seine Pressekonferenzen genauso abwerten können, wie er die Medien entwertet." Zur Erkenntnis würden diese Auftritte ohnehin nichts beitragen, sagt Jarvis. Sie seien nichts als Propaganda.